Objektkunst-Ausstellung des WPB1 Kurs MuKuBi 10 am 12. März 2020 in der Mediathek.
23. März 2020Einblick von außen…….
26. März 2020Will man heutzutage wissen, wie die Hauptstadt eines Landes heißt oder wer ein bestimmtes Gedicht geschrieben hat, so befragt man eine Suchmaschine und erhält nach 0,1 Sekunden ein meist zufriedenstellendes Ergebnis. Reines Faktenwissen liefert demnach kaum noch Vorteile für den Einzelnen, denn das Wissen steht jedem offen. Was sind also die Ziele von Schule und die dementsprechenden Anforderungen an den Unterricht? Was sind die Anforderungen an unsere Rolle und an unsere Haltung als Lehrer? Wie kann man den Bedürfnissen unserer Schülerinnen und Schüler hinsichtlich Raum, Organisation, Tagesablauf, Rollenaufteilung, Sozialform, Materialangebot und Medien optimal begegnen.
Auf einer „Lernreise“ zu drei Schulen in Süddeutschland und der Schweiz konnten 20 Lehrkräfte von Preisträgerschulen in Deutschland sich über genau diese Fragen intensiv austauschen und Konzepte zum Lernen in der digitalen Welt diskutieren. Die Projektschule Goldau, die Alemannenschule Wutöschingen und die Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe haben drei ganz unterschiedliche Wege gefunden, die Lernkultur durch den Einsatz digitaler Medien zu verändern.
Das Prinzip Lernreise wurde durch die studentische Initiative „Kreidestaub“ ins Leben gerufen und erstmals mit Lehrern in Kooperation mit der Deutschen Schulakademie durchgeführt. Der thematische Schwerpunkt hieß dabei „in der digitalen Welt lernen“ und wurde bewusst nicht konkret auf die digitalen Medien oder digitale Endgeräte eingegrenzt. Wer zeitgemäße Bildung vom Ziel her denkt, kann nicht bei dem bloßen Transfer von analogen Medien zu digitalen Medien stehen bleiben. Dies würde eher einen Rückschritt bedeuten, da erfolgreich entwickelte pädagogische und fachdidaktische Konzepte keines Transfers bedürfen, wenn sie ihre Ziele auch analog erreichen. Zeitgemäße Bildung bzw. das Lernen in der digitalen Welt, darüber bestand ab dem ersten Tag Konsens auf der Lernreise, bedeutet weit mehr. Die Ziele zeitgemäßer Bildung verschieben sich derzeit nicht nur weg vom bloßen Aneignen von Wissen hin zum Fachkompetenzerwerb. Ziele, die lange als „soft skills“ belächelt wurden, wurden als Hauptziele in den Fokus genommen. Das sind, als ein (Zwischen-) Ergebnis der Diskussionen unserer Lernreise, neben Fachwissen die „4 Ks“ (Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken), technische Medienkompetenz, Medienethik, soziale Orientierung und Verantwortung übernehmen. Das Fachwissen nahm eine für uns alle erschreckend geringe Rolle ein, wenn man konsequent vom Ziel her denkt und die Erfordernisse im zeitgemäßen Alltag berücksichtigt. Damit lässt sich wohl auch die eingangs gestellte Frage beantworten: Was sollen die Schülerinnen und Schüler lernen, damit sie für ein Leben in unserer Gesellschaft optimal vorbereitet sind? Für uns ist das jetzt ganz klar:
das, was man nicht googeln kann.
Eine moderne, gute Schule muss die Lernenden darauf vorbereiten, den Schwall Wasser aus dem Hydranten abzukriegen, damit sie sich wohldosiert den Schluck Wasser abgreifen können, den sie benötigen, ohne weggespült zu werden. Nur dann können digitale Endgeräte und eine „digitalisierte Schule“ zu einem Gewinn für unsere Gesellschaft werden.
Was sind nun die Erkenntnisse, die wir mitgenommen haben und die einen Impact auf unsere Schulen haben sollen? Wir waren uns am Ende der Reise einig, dass wir keine Auflösung von Klassen, jeglichem Umgang mit analogen Medien, dem herkömmlichen Stundenplan oder von Fächern als Heilmittel verkünden wollen, obwohl wir Beispiele dafür gesehen haben. Neben vielen kleinen Ideen, wie einer Umfrage zum Ist-Zustand im Kollegium hinsichtlich Haltung und hinsichtlich wertvoller Erfahrungen, einer Plattform für Kollegen und Kolleginnen zum Austausch über den erfolgreichen Einsatz von neuen Techniken und Methoden, neuen Kommunikationsstrukturen, mehr Mut bei Projekten und Vorhaben, einer Verbesserung des technischen und didaktischen Supports und vielen weiteren Ideen und Anreizen, blieb vor allem der Gedanke des Teamworks hängen:
Will sich eine Schule entwickeln, muss sie auch ihre Arbeitsweisen modernisieren!
Große Modernisierungen können keine Einzelleistung sein – da muss ein Team mit anfassen, mit entwickeln und stützen. Wenn wir unseren Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben wollen, kritisch zu denken, kritisch Inhalte auszuwählen, ihre Gesellschaft nicht als gegeben anzunehmen, sondern Alternativen zu denken, wenn wir digitale Medien in Schule integrieren wollen und unseren Unterricht damit an die veränderten Rahmenbedingungen der Gesellschaft anpassen, dann müssen wir als Lehrkräfte Vorbilder sein und diesen gesellschaftlichen Wandel ebenfalls leben. Unsere Schule als erfahrene, lernende Institution mit Teamstrukturen, mutigen und sehr guten Lehrkräften sowie etablierten, vielschichtigen Kommunikationskanälen hat in dieser Hinsicht einen Strukturvorteil, das hat man bei Vergleichen mit anderen Schulen der Teilnehmer*innen schnell bemerkt. Trotzdem liegt aus oben genannten Gründen, immer vom Ziel und vom Lernenden gedacht, noch ein weiter Weg vor uns, auf den mindestens ich mich sehr freue.
Tobias Lutterbeck
ggf.: “Wenn wir es schaffen, dass die Kinder gerne in die Schule gehen, dann können wir es gar nicht verhindern, dass sie etwas lernen.“